Europäische Medienpolitik
Medienpluralismus und Medienfreiheit sind zentrale Faktoren für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Korruptionsbekämpfung. Aus diesem Grund widmet die Kommission in ihrem jährlichen Rechtsstaatsbericht diesem Thema ausführliche Darstellungen der Situation in allen Mitgliedstaaten. Beobachtet werden die Entwicklungen auf dem Gebiet der Medienpluralität, der Unabhängigkeit der Medienaufsicht, die Transparenz der Eigentumsverhältnisse, Transparenz und faire Verteilung staatlicher Werbung, politischer Druck und Einfluss auf die Medien, der Informationszugang und der Schutz von JournalistInnen vor Angriffen. Der Rechtsstaatsbericht 2021 weist besorgniserregende Entwicklungen in vielen Mitgliedstaaten aus.
Deshalb ist es wichtig, dass die derzeit schon bestehenden Handlungsmöglichkeiten der europäischen Ebene besser genutzt werden und der EU im Rahmen einer zukünftigen Vertragsreform mehr Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Medienpolitik übertragen werden. Medienpolitik sollte nicht mehr nur als ein Aspekt der Wettbewerbs- und der Kulturpolitik gesehen werden, sondern als Schlüsselbereich der Rechtsstaats- und Demokratiepolitik.
Daraus ergeben sich folgende Forderungen:
- Die von der EU-Kommission im Media Freedom Act angedachten Maßnahmen müssen in verbindlichen Rechtsakten und nicht nur in Form von Empfehlungen umgesetzt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass staatliche Förderungen und öffentliche Inserate nicht dazu missbraucht werden, die Unabhängigkeit der Medien und den freien Wettbewerb zu gefährden. Die Aufsicht über Medien soll durch ein unabhängiges Monitoring auf EU-Ebene und mehr Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden gestärkt werden. Die Kommission sollte auch ergänzende Maßnahmen vorschlagen wie die Unabhängigkeit der Medien gegenüber digitalen Plattformkonzernen gestärkt werden kann.
- Der wettbewerbsrechtliche Rahmen zur Bekämpfung von Marktmacht muss geschärft werden, die Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss gesichert bleiben. Nationale Beihilfen an Medien sollen einerseits erleichtert werden, andererseits daraufhin kontrolliert werden, dass sie tatsächlich der Medienvielfalt und dem Qualitätsjournalismus dienen.
- Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Medien, z.B. bei der Ausbildung von JournalistInnen, bei Rechercheprojekten und gemeinsamen, grenzüberschreitenden Programmangeboten, sollte u.a. durch Förderprogramme, Stipendien, Übersetzungsprogramme verstärkt gefördert werden. Dies soll auch zur Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit beitragen.
- Der Schutz von JournalistInnen gegen körperliche Übergriffe und gegen Online-Bedrohungen muss verbessert werden. Die in den Niederlanden und in Italien getroffenen Maßnahmen sollen den anderen Mitgliedstaaten als best practice empfohlen werden. Bei allen Maßnahmen, auch denen strafrechtlicher Natur, gegen Hass im Netz und hate crimes sind JournalistInnen besonders zu beachten.
- Kleineren Medienunternehmen und freien JournalistInnen muss Unterstützung gegen die immer öfter, auch im politischen Auftrag eingesetzten, Einschüchterungsklagen angeboten werden. Mit den sog. SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits against Public Participation) wurden bereits in Kroatien und Polen Medien vom Markt gedrängt oder zur Selbstzensur gezwungen. Auch In Österreich wurde schon damit gedroht. Vorstellbar sind u.a. Streitwertbegrenzungen und Prozesskostenhilfen.