TT: Überparteiliche Plattform tritt gegen EU-Skepsis an
In Österreich nannte Othmar Karas, ÖVP-Europaabgeordneter und Vizepräsident des EU-Parlaments, am Montag die Zielsetzung des „BürgerInnenforum Europa“.
„Weil wir wegen Fehlentwicklungen und neuen Herausforderungen mehr informieren, inspirieren und miteinander reden wollen“, brachte es Karas auf den Punkt. Die Initiative versteht sich als überparteiliche Plattform, die den „Mehrwert“ der Union greifbarer machen will und so einmal mehr gegen den allgegenwärtigen EU-Skepsis antreten will.
Gemeinsam mit Expertinnen und Experten soll die Bevölkerung während der nächsten 12 Monate in allen Bundesländern Themen wie Innovation, Wirtschaft und Umwelt oder Europa in der Welt diskutieren. Die Ergebnisse sollen dann in die große EU-Zukunftskonferenz einfließen, die am 9. Mai im EU-Parlament in Straßburg startet.
Karas, Obmann des österreichischen Bürgerinnenforum-Ablegers, präsentierte sich am Montag per Online-Pressekonferenz mit seinen Vorstands-Mitstreitern. Ulrike Lunacek, früher langjährige EU-Parlamentarierin der Grünen und ebenfalls EU-Parlamentsvizepräsidentin, brachte das Dilemma des (nicht nur) heimischen Europabewusstseins auf einen altbekannten Punkt: „Es ist immer leicht, die Schuld woanders zu finden – da draußen, irgendwo – und nicht zu sehen, dass wir diese Europäische Union sind – jede und jeder Einzelne von uns, auch hier in Österreich.“ Sie will mit dem BürgerInnenforum „etwas beitragen, dass wir in einem Jahr handfeste Vorschläge haben für die Konferenz zur Zukunft Europas.“
Der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern, heute Unternehmer im Bereich innovativer Technologien, verwies auf von den EU-Bürgern empfundene „Abstiegsängste, die Sorge, dass Europa zurückfällt“, dass multilaterale Zusammenarbeit keine Selbstverständlichkeit mehr sei, wie etwa die Corona-Krise gezeigt habe und einen dadurch entstandenen „Humus für wachsenden Nationalismus und dafür, dass unsere demokratische Struktur möglicherweise eines Tages auch beschädigt wird“. Er glaubt, dass die Langzeiteffekte der Coronakrise „deutlich bedeutender sein und uns noch lange Zeit beschäftigen werden“ und sich daher die Frage stelle: „Wie können wir verhindern, dass unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft dauerhaft unter Long-Covid leiden?“
Der Unternehmer Martin Rohla, Teilhaber an Dutzenden Unternehmen mit Nachhaltigkeitsanspruch – wie etwa die Restaurantkette „Habibi & Hawara, die auf der gatronomischen Expertise von Flüchtlingen aufbaut – beklagte den „fatalen“ Umstand, dass sich ein Großteil der jüngeren Generation „überhaupt nicht erinnern können, wie das Leben gewesen ist, bevor es die EU gegeben hat“ und etwa jedwede grenzüberschreitende Tätigkeit durch Kontrollen und Zölle zur kostspieligen Geduldsprobe wurde. Er sieht eine der Funktionen des Bürgerforums darin, „wieder wachzurufen, was Europa eigentlich im ‚Daily Life‘ bedeutet und wie schön es ist, Europäer oder Euopäerin zu sein.“
Ergebnisse in einem Jahr
Gemeinsam mit Expertinnen und Experten soll die Bevölkerung während der nächsten 12 Monate in allen Bundesländern Themen wie Innovation, Wirtschaft und Umwelt oder Europa in der Welt diskutieren. Dann will das Forum die Ergebnisse vorstellen und „an alle Multiplikatoren und Umsetzer richten“, wie Karas formulierte. Und zwar nicht nur in Gremien wie dem EU-Rat oder der Kommission: „Ich reduziere das nicht auf die Institutionen. Jeder von uns kann in seinem Bereich Einfluss nehmen.“