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Ulrike Lunacek im Madonna-Interview

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Sie sind, wie Othmar Karas, Mercedes Echerer oder auch Christian Kern, Teil des Bürgerinnen Forums Europa (Info: buer­gerforum-europa.at, Anm.). Als langjäh­rige Europapolitikerin musste man Sie wahrscheinlich nicht zweimal bitten mit­zumachen.

LUNACEK: Nein. Im Forum geht es dar­um, bis zum Europatag 2022 am 9. Mai in Österreich zu fünf verschiedenen The­menbereichen Dialoge mit den Bürge­rinnen und Bürgern zu führen. Die erste Phase unter dem Stichwort „Innovati­on“ läuft bereits, aktuell im Juni aller­dings noch virtuell. Wir hoffen stark, dass wir beim nächsten Themenbereich „Wirtschaft und Umwelt“ im Juli und August wieder echte Veranstaltungen abhalten können werden. Im letzten EU­Barometer hat sich gezeigt, dass die Zu­stimmung für die EU hierzulande am unteren Ende aller Mitgliedsstaaten ist. Und das möchte ich geändert wissen. Was ist das Ziel der Initiative? LUNACEK: Es gibt diese überparteiliche Plattform schon seit mehr als zehn Jah­ren, aber Gründungsmitglied Othmar Karas wollte sie neu aufstellen, auch weil die Zustimmung zur EU in Öster­reich so drastisch gesunken ist.Und weil Reformen dringend notwendig sind wie zum Beispiel, dass man in Zukunft zum Thema Steueroasen nicht immer Einstimmigkeit bei Rats-Beschlüssen braucht. Aktuell ist es ja noch so, dass Steueroasen innerhalb der EU wie Ir­land, Malta oder Luxemburg sich leicht gegen Steuererhöhungen für internatio­nal agierende Konzerne wie Google oder Amazon wehren können. Durch die Eiden-Initiative geht jetzt etwas weiter, aber damit es in der EU zu ent­sprechenden Vertragsänderungen kommt, braucht es noch mehr Druck von den Bürgerinnen und Bürgern. Das und einiges mehr wollen wir im Dialog erarbeiten.

 

Vielleicht auch im Bereich etwaiger Sank­tionen gegenüber Staaten wie Ungarn, wo erst letzte Woche ein Gesetz erlassen wurde, das Aufklärung im Bereich LGBTQ verbietet. Inwiefern bereiten Ihnen sol­che Entwicklungen Sorge?

LUNACEK: Sehr. Ich war in meiner akti­ven Zeit als Politikerin in den östlichen Mitgliedsstaaten regelmäßig bei den Regenbogenparaden mit dabei. Und vie­lerorts ist die Situation für LGBTI-Per­sonen besser geworden. In den balti­schen Staaten sind wir vor zehn Jahren noch mit Eiern und Paradeisern bewor­fen worden, das ist heute nicht mehr so. Aber aktuell merken wir bei Ländern wie Polen oder Ungarn, wie dort seitens rechtspopulistischer Politiker, meistens Männer, aber durchaus auch Frauen, ge­meinsam mit katholischen Fundamen­talisten und Anti-Europäern Stimmung gegen Gleichstellungspolitik gemacht wird. Es ist so absurd zu verbieten, dass an Schulen oder Bildungseinrichtungen nicht über Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- oder Inter-Personen gesprochen werden darf! Wir sind überall! Ich war 1995 die erste Politikerin, die in Öster­reich zu ihrem Lesbischsein gestanden ist – offen schwule Politiker gab es da­mals auch keine. Es gibt uns aber in jeder Gesellschaft, in jeder Partei, in jedem Sportverein, in jeder Religion – und wenn man sich die katholische Kirche anschaut, sollte die mal damit anfangen, vor der eigenen Haustür zu kehren. Um es in der christlichen Diktion zu sagen: Wir sind Teil der Schöpfung. Mich er­zürnt diese Heuchelei sehr, weil sie ein so offensichtlicher Machtmissbrauch populistischer Kräfte ist, die sich in Richtung Autokratie bewegen. Hass und Spaltung betreffen in so einem Fall dann aber nicht nur diverse Minderheiten, sondern die gesamte Gesellschaft. Und dem steht das Prinzip der Europäischen Union entgegen: Kooperation statt Kon­frontation, gemeinsam Lösungen fin­den. Das braucht man in jeder Familie und in jedem Job, genauso wie in der De­mokratie. Man muss Fehler eingestehen und Kritik einstecken können. Wenn das in der Politik nicht mehr möglich ist, leben wir in einer Autokratie.

 

Zum gesamten Interview von unserer Obmann-Stellvertreterin Ulrike Lunacek in „MADONNA“.

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